Geschichtswerkstatt Eppendorf

Geschichtswerkstatt Eppendorf

114 Jahre unter einem Dach

Von "gefallenen Mädchen“ in einer Wäscherei zum heutigen Stadtteilarchiv in Eppendorf. Über 114 Jahre Geschichte und ein geplantes Geschichtslexikon.

Manch Eppendorferin und Eppendorfer hat ihn bestimmt schon entdeckt: den unscheinbaren Anbau hinter dem Kulturhaus im Julius-Reincke-Stieg. Seine Geschichte geht bis mindestens 1903 zurück. Als noch „gefallene Mädchen“ im heutigen Kulturhaus wohnten, war dort eine Wäscherei untergebracht. „Im Anbau gab es damals die Annahme- und Abgabestelle“, berichtet Maria Koser vom Verein „Stadtteilarchiv Eppendorf“.

Dichtgedrängt sind auf fünf Regaletagen laufende Meter Bücher einsortiert, Zeitungsartikel, Fotos, Urkunden. Selbst bei Essenmarken und alten Kinokarten macht die Sammelleidenschaft der Archiv-Aktiven – darunter viele Ehrenamtliche – nicht halt. Zahlreiche ältere Eppendorfer Bürger haben ihre Schätze im kleinen Backsteinbau mit seinen grünen Fensterläden abgeliefert. Interessierte Bewohner des Stadtteils, viele Schüler und Studenten, nutzen das Angebot zur Zeitreise: Jedes Buch kann kostenlos vier Wochen lang ausgeliehen werden.

Das wohl kostbarste Werk des Archivs: ein 18-seitiges Fotoalbum mit Schwarzweiß-Aufnahmen und schwerem, messingbeschlagenem Deckel. Herkunft und Alter? Unbekannt.„Angefangen haben wir 1987 als Geschichtswerkstatt des Kulturhauses“, erzählt Volkskundlerin Koser. 2006 fand der Umzug in den Anbau statt. Und – wie bei Umzügen üblich – steht eine große Kiste noch heute im Büro und wartet darauf, ausgepackt zu werden.

Das Stadteilarchiv indes wartet nicht nur auf Spender und Besucher, seine Mitarbeiter verewigen ihr Wissen gelegentlich in eigenen Publikationen: Da gibt es Bücher, die die Biografien der Menschen, für die Stolpersteine gelegt wurden, beleuchten. Erika- und Martinistraße werden vorgestellt. Andere Büchlein behandeln die Geschichte des Bezirksamtes und die Schule Robert-Koch-Straße.

Darüber hinaus gehen Maria Koser und Sabine Maurer in den Stadtteil. Interessierte können unter fachkundiger Leitung von Lokalhistoriker Hakim Raffat im Bunker Tarpenbekstraße in die Röhre schauen (seit über 20 Jahren) oder an einem der Rundgänge teilnehmen, z.B. zu den Wohnstiften, Spuren jüdischen Lebens sowie der Geschichte von Hoheluftchaussee und Eppendorfer Landstraße.

Außerdem bieten Frau Koser und die ehemalige Lehrerin Anne Liebig zweistündige Führungen für Grundschulklassen an: vom „Borchers“ über Hayns– und Holthusenpark, Alster und St. Johanniskirche bis hin zum Marie-Jonas-Platz. Erwachsene und viele Schülergruppen nimmt Sabine Maurer mit auf einen literarischen Spaziergang. Gleich um die Ecke, in der Tarpenbekstraße, wurde Wolfgang Borchert geboren, einer der bekanntesten Schriftsteller Hamburgs.

Darüber hinaus hat das Team des Stadtteilarchivs Nachbarn und Interessierte eingeladen, an einem Geschichtslexikon mitzuarbeiten. Alte Fotos und Dokumente werden zur Veröffentlichung gesucht, wenn möglich auch mit erklärendem Text, ebenso Berichte von Zeitzeugen. Wer nicht möchte, dass seine Erinnerungsstücke im Internet abgebildet werden, kann sie gern im Büro abgeben. Oder er leiht sich im Archiv einfach mal ein gutes Buch.

Text: Hans Loose. Fotos: Hans Loose

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