Handelskammer Luchkonzerte

Handelskammer Luchkonzerte

Konzerte, Messen & Events

Dass die Handelskammer auch der ideale Rahmen für Konzerte und andere Events sein kann und Eindruck hinterlässt, zeigt dieser Beitrag von Ulrike Korb.

Große lichtdurchflutete, florentinisch anmutende Säle, mit Ranken verzierte Arkaden: Die Handelskammer ist der ideale Rahmen für Konzerte, Messen und andere Events. Carl Ludwig Wimmel, ihr Schöpfer, hatte Renaissance-Architektur in Florenz studiert, weshalb auch bildende Kunst hier sehr gut aussieht: von der Galerie leuchten wechselnde Ausstellungen herab. Gäste sind immer da, ganz en passent: Touristen, die neugierig aus dem Innenhof vom Rathaus einen Abstecher in die Handelskammer machen. Hier ist es ja wie im Schloss! Und so schön ruhig.

Doch dann mischt plötzlich Mozarts quirlige Musik die meditative Stille im Börsensaal kräftig auf – flirtig, vivace, der pure Lebensgenuss! Eben typisch Lunchkonzert. Diese Co-Produktion zwischen Handelskammer und Hamburger Kammerkunstverein findet einmal im Monat statt, donnerstags um 12.30 Uhr. Der Eintritt ist frei, Spenden sind dennoch gerne gesehen.

Die beiden Pianisten, Franck-Thomas Link, der künstlerische Leiter des Kammerkunstvereins und Nicholas Ashton brillieren, wenn sie nicht gerade auf Konzerttournee sind, in den „Feierabendkonzerten“ in der postmodernen Kulisse des Oberhafenquartiers der Hafencity. Ein reizvoller Kontrast zur klassischen Musik, die dort als Multi-Genre-Feature, etwa mit musikbiografischen Texten, bildhaft wie ein 4-Gängemenü serviert wird.

Mozartissimo

Andante mit fünf Variationen G-Dur KV 501. Eine so einfache liebliche Melodie! Fast tastend wie die ersten Tanzstundenschritte wagen sich die Töne in den Börsensaal. Diese erste Variation des vierhändigen Konzerts verführt, weil sie so leicht klingt: unbedingt wieder Klavierspielen. Früher, in der Schule, ja, da ging das, behende, bedenkenlos, hingegeben an den Fluss der Musik vor dem ganzen Schulauditorium solche Variationen zu spielen. „Ah! Vous diraiz-je, maman“ z.B. (zur Melodie von „Morgen kommt der Weihnachtsmann“). Mit all den 8tel-, 16tel-, 32tel-Akzelerationen, die, wie jetzt in diesem Andante, in immer komplizierteren Schnörkeln Mozartsche Leichtigkeit und Freude am Spiel der Kunst übereigneten.

Universum á quatre mains

Sonate C-Dur für Klavier zu vier Händen, KV 521. „Pas de deux“ hat das Pianisten-Duo Link und Ashton Mozarts vierhändiges Konzert genannt, das im erweiterten Format auch als Oberhafenkonzert stattfindet. Der temperamentvolle Mozart zauberte solche Fingerakrobatik liebend gerne mit Schwester Nannerl auf dem Cembalo. 1764, auf seinen ersten Europareisen, lernte der 9-jährige Mozart den schon berühmten Klaviermeister am englischen Königshaus, Johann Christian Bach, in London kennen und war sofort hingerissen von dessen „jugendlich-frischem Naturell und seiner italienisch beeinflussten Musik“(1), die so ganz anders waren, als das strenge Regiment des Vaters Leopold Mozart. Der kleine Mozart spielte da schon mal aus dem Stegreif vierhändig mit dem Künstler, dem nicht verborgen blieb, welches Wunderkind er vor sich hatte. Mozarts erste vierhändige Sonate entstand ein Jahr später 1765 in London.„Die Sonate haben sie die Güte ihrer Frl: Schwester nebst meiner Empfehlung zu geben; – sie möchte sich aber gleich darüber machen, denn sie seye etwas schwer.“(2) Solches schrieb Mozart an den Bruder seiner Schülerin Franziska von Jacquin, für die er 1787 die technisch anspruchsvolle Sonate C-Dur für Klavier zu vier Händen, KV 521 geschrieben hatte. Die nette Anekdote aus dem Programmheft des Lunchkonzerts katapultiert die Hörer mitten hinein in Mozarts Wirken.

Der triumphale Beginn des Stücks mit seinen Trillern und schnellen Läufen malt symphonische Filme vor die Augen: von einer jungen Frau in gerafften Röcken, die heimlich zu ihrem Geliebten in den Park eilt. Die Melodien wechseln, spiegeln sich, linke und rechte Hand neigen sich zueinander in lebhafter Konversation. Das Andante klingt dann so weich und innig, ganz und gar wie ein bezaubertes Liebespaar im Mondlicht. Später folgen dramatische Passagen in Moll. Ob Mozart dabei an seine große Liebe, die Sängerin Aloysia Weber, gedacht hat, die er nicht für sich gewinnen konnte, aber zeitlebens verehrte? Ein hübsches Mädchen mit schmalem Gesicht, sinnlichen Lippen und den Biografen zufolge einer überirdisch süßen Stimme – das hat Mozart natürlich angesprochen.

Doch das furiose Rondofinale gibt Entwarnung: Alles wird gut. Auch hat Mozart nie seine Gefühle in seine Werke einfließen lassen(3), er schuf seine Kunstwerke wie aus himmlischen Galaxien. In turbulenten 32tel-Noten scheint am Konzertende Mozarts gesamtes spannendes Leben aufzuglühen: Reisefieber, galoppierende Pferde, Geistesblitze in schneller Folge, übermütige Eskapaden, unendliche Konzertreihen, Könige, Fürsten, Freunde, das Bohéme-Leben mit den Protagonisten seiner Opern, Frauenfaszination(4) und ein allumfassendes Vertrauen auf Gott. Vollmundig, fast „orchestral“(5) klingt unter den Händen dieses Pianistenduos die Fantasie eines Genies. Ein hinreißendes Mittagsintermezzo. Aber, s’il vous plaît, nicht dem Chef verraten, sie sind ein Geheimtipp – die Lunchkonzerte.

Text: Ulrike Korb
Fotos: Torsten Hacker, Ulrike Korb (mit freundlicher Genehmigung des Kammerkunstvereins)

Quellenangaben:
1: Max Becker, Stefan Schickhaus: Chronik, Bildbiografie Wolfgang Amadeus Mozart, Chronik Verlag im Wissen Media Verlag, Gütersloh, 2005; S. 62
2: https://www.kammermusikfuehrer.de/werke/2136
3: Max Becker, Stefan Schickhaus: Chronik, Bildbiografie Wolfgang Amadeus Mozart, Chronik Verlag im Wissen Media Verlag, Gütersloh, 2005, Seite 34
4: Heinz Gärtner: „Folget der Heißgeliebten“ – Frauen um Mozart, Herausgeber: Langen Müller in der F.A. Herbig Verlagsbuchhandlung, München, 1990
5: Kammerkunst: Programmheft zum 366.ten Lunchkonzert in der Handelskammer (Seite 2)

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